Distanzreiten als Freizeitreiter – geht das?

Distanzreiten als Freizeitreiter – geht das?
Eine grobe Unterscheidung zwischen Wander- und Distanzreiten ist:
Wanderreiter legen lange Strecken eher gemütlich, häufig über mehrere Tage, mit Gepäck und ohne Wettbewerb zurück, Distanzreiter reiten lange Strecken überwiegend an einem Tag auf Zeit und im Wettstreit miteinander. 

Distanzreiten ist eine der ursprünglichsten Formen der Reiterei und geht zurück auf Post- und Meldereiter. Diese gibt es weltweit, seitdem Pferde geritten werden.

Legendär ist zum Beispiel der „Pony-Express“ in den USA. Bis zu 400 Ponies beförderten Post innerhalb von zehn Tagen zwischen Missouri und San Francisco über eine Distanz von 3145 Kilometern.

Frühe Wettbewerbe in Europa gingen oft über mehrere 100 Kilometer und forderten zahlreiche Opfer unter den teilnehmenden Pferden.

Distanzreiten heute

Zuerst räume ich mit einem Vorurteil auf: Distanzreiten ist nicht nur etwas für Vollblutpferde.

Jedes Pferd, das mehrmals in der Woche in verschiedenen Gangarten geritten wird und gesund ist, kann theoretisch an einem Distanzritt teilnehmen. Auch Kleinpferde wie Isländer, Connemaras oder Haflinger machen häufig eine sehr gute Figur auf längeren Distanzen.

In den Wettbewerben werden Strecken von ca. 25 bis 160 km pro Tag auf Zeit geritten. Sie sind eingeteilt in kurze, Einführungs-, mittlere und Lang-Distanzen. Je nach Ausschreibung wird mit oder ohne Zeitvorgabe geritten. Zeitvorgabe bedeutet, es gibt je Distanz eine Richtzeit in km pro Minute, die der Reiter nicht unterschreiten darf.

Ein engmaschiges Kontrollsystem durch Veterinäre schützt weitestmöglich die teilnehmenden Pferde vor Überforderung und gesundheitlichen Schäden.

 

Trainingsplan für vierbeinige Einsteiger

Faustregel für eine Einsteigerdistanz von 25 km ist, dass der Reiter in einer Woche zusammengerechnet die Strecke zurücklegen sollte, die er als Distanz im Wettbewerb absolvieren möchte.

Also nur an fünf Tagen pro Woche 5 km reiten oder bewegen? Das machen die meisten sowieso. Wer das nicht tut, sollte zur Vorbereitung mindestens über drei Monate entsprechend arbeiten. Dann genügt es, ungefähr sechs Wochen vor dem Wettkampf einmal die komplette Distanz in flottem Tempo und an den übrigen Tagen normal zu reiten.

Die Hauptgangart auf Distanzritten ist der Trab. Ein so gearbeitetes gesundes Pferd sollte eine einfache Strecke von 25 km bei T (Tempo) 10 – 10 Minuten Zeit für einen Kilometer – gut durchhalten können.

Hat der Reiter sich eine Veranstaltung ausgesucht, ist es wichtig, Informationen über die Art der Strecke einzuholen. Handelt es sich um Hügelland, Sandwege oder Acker? Ist das Gelände anspruchsvoller als das heimisches Trainingsumfeld, sollte er im Vorfeld auch Trainingseinheiten in ähnlichem Gelände absolvieren.

Wer an längeren Distanzritten teilnehmen möchte, sollte mindestens einen Tag vor dem Start anreisen und muss am Tag nach dem Ritt noch einen abschließenden Tierarztcheck absolvieren.

Das heißt: Distanzreiten ist häufig Camping, wenigstens für die Pferde. Boxen oder feste Paddocks sind manchmal vorhanden, aber selten für alle Teilnehmer. Sinnvoll ist es deshalb, ein Pferd schon im Vorfeld eines Wettbewerbs an die vorübergehende Unterbringung in einem leichten Paddock inmitten fremder Pferde zu gewöhnen.

Training für den Reiter

Und wie sieht es mit dem Reiter aus? Unterstellt, er reitet sein Pferd selbst mehrmals in der Woche, müsste auch bei ihm eine gewisse Grundkondition vorhanden sein. Hilfreich für Distanzanfänger ist es, regelmäßig laufen zu gehen. So unterstützen Läufe von drei Mal in der Woche fünf und ab und zu zehn Kilometern, eine flotte Einsteigerdistanz in guter Körperspannung durchzuhalten oder auch auch mal zur Entlastung des Pferdes ein paar hundert Meter neben ihm joggen zu können.

Das Training der Rückenmuskulatur ist ebenfalls nützlich, ich denke da an langes Leichttraben und Galoppieren im leichten Sitz. Körperliche Fitness erleichtert dem Reiter die Konzentration auf sein Pferd und den Weg. Man kann sich nämlich auch verreiten…

VET Check

Regel Nr. 1: Der Reiter muss das Befinden seines Pferdes im Auge behalten. Voraussetzung dafür ist, dass der Reiter sein Pferd sehr gut kennt und sein Verhalten in unterschiedlichen Situationen deuten kann. Verfassungskontrollen vor, während und nach dem Wettbewerb sorgen dafür, dass nur fitte Vierbeiner im Turnier bleiben.

Bei den VET Checks misst ein Veterinär den Puls des Pferdes, hört den Bauchraum ab, kontrolliert den Körper auf Schwellungen sowie äußere Verletzungen und prüft das Gangwerk durch Vortraben an der Hand. Erst wenn der Tierarzt einen Puls von maximal 64 Schlägen pro Minute gemessen hat, darf das Pferd wieder auf die Strecke.

Nach Beendigung eines Rittes muss das Pferd abhängig von der gerittenen Distanz innerhalb eines bestimmten Zeitfensters wieder den geforderten Pulswert aufweisen. Zur Kontrolle empfiehlt es sich, selbst das Pulsmessen am Pferd zu üben. Gut geht das an der Gesichtsarterie an der Unterseite des Ganaschen. Einfach 15 Sekunden die Herzschläge zählen und dann mal Vier nehmen.

Die geeignete Ausrüstung für Distanzritte

Distanzritte können in jedem Sattel geritten werden, der Pferd und Reiter gut passt. Unter dem englischen oder Freizeitsattel sorgt eine gute Sattelunterlage für Druckentlastung und Belüftung der Sattellage. Spezielle Distanzsättel sind besonders leicht und machen es damit auch dem Pferd leichter. Sattelunterlagen für Distanzsättel sind ebenfalls leicht, stoßabsorbierend und thermoregulierend.

Für Distanzgurte gilt: Gerade auf längeren Ritten in flottem Tempo ist wichtig, dass der Gurt das Pferd nicht einschnürt und in der Atmung behindert. Bei den raumgreifenden Bewegungen in Trab und Galopp passiert es auch schnell, dass gerade geschnittene Sattelgurte den Ellenbogen behindern, deshalb ist ein Gurt in anatomischem Schnitt eine gute Wahl.

Wichtig für Trensenzäume: Die Blähzone der Nüstern muss frei bleiben, Schnallen dürfen nicht auf den empfindlichen Pferdekopf drücken. Vielfach ist es nützlich, eine leichte Nierendecke aufzulegen, bei manchen Ritten ist das sogar Pflicht.

Distanzreiten ist Teamwork

Das neben dem Pferd wichtigste Mitglied eines Distanzteams ist ein Trosser (= Zweibeiner). Der gute Geist, der Pferd und Reiter an jedem Pausenplatz zuverlässig mit Wasser, Snacks und warmen Decken erwartet, den Sattel hinterherträgt und alle Aufgeregtheiten von Pferd und Reiter geduldig erträgt.

Der vor dem Ritt morgens um vier aufsteht, um das Pferd zu füttern, während der Reiter noch bis halb sieben schlafen darf, und stundenlang am Hahn ansteht, um Dutzende von Behältern mit Wasser zu füllen – Achtung, solche Trosser müssen fast so gut behandelt werden wie die Pferde!

Zu seiner Ausrüstung gehören Wasserkanister mit einer Füllmenge von ungefähr zwei Litern, die er dem Reiter geöffnet anreichen kann, damit dieser sie auf den letzten Metern vor der Pause dem Pferd zur Abkühlung über den Hals schütten kann.

Praxistipp: Bewährt haben sich dafür ausgespülte Weichspülerflaschen aus Plastik mit großen handlichen Griffen.

Viele Informationen zum Distanzreiten, zu Wettkampfteilnahme, Qualifikationen, Ausschreibungen und Fortbildungen finden Sie auf der Homepage des VDD, des Vereins Deutscher Distanzreiter und -fahrer e.V. (vdd-aktuell.de).

Ich packe mein Auto und nehme mit auf den Distanzritt …

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